Grundsätzlich bin ich in dem Sinne bei dir, dass wir Einkommen weniger besteuern und dafür z.B. Vermögen- und Transaktionssteuern erheben sollten. Aber vor allem über diese Punkte müssen wir nochmal reden:
Durch Arbeit wird ein Dienst erleistet oder Produkt gemacht worauf dann Steuern erhoben werden (Mehrwert, Umsatz, usw.). Der Arbeiter hat dem Land einen Dienst erwiesen, dessen Wert gesteigert und wurde dafür entlohnt.
Die meisten von uns arbeiten für ein Unternehmen und nicht für den Staat. Unser Gehalt ist die Entlohnung für eine Dienstleistung, die wir in Form von Arbeitskraft für andere erbringen. Niemand von uns erwirbt irgendwelche Rechte an dem, was wir produzieren, was ja einer der Hauptkritikpunkte von Marx und Co. ist. Dass aus dieser Produktion ein Mehrwert entsteht, hat daher erstmal nichts mit uns zu tun.
Das bedeutet der Arbeiter hat weniger Geld übrig um die Wirtschaft anzukurbeln mit dem Verkauf von Diensten und Gütern.
Das Argument würde Sinn ergeben, wenn Steuern in einem schwarzen Loch verschwinden würden. Allerdings werden 100 % der Steuern, die der Staat erhebt, wieder über das Budget ausgegeben. Einerseits werden damit auch Menschen bezahlt, die dann konsumieren und andererseits werden damit Dinge finanziert, die du und ich passiv konsumieren: Wir profitieren von Infrastruktur, Rettungsdiensten, etc. In einer perfekten Welt kommt sämtliches Geld, was der Staat ausgibt, wieder bei uns allen in der ein oder anderen Form an. Dass dem an vielen Stellen nicht so ist, ist meiner Meinung nach kein Argument gegen Steuern, sondern gegen die derzeitige Ausgestaltung unseres Systems des Staates.
Zur Einkommenssteuer allgemein: Die Einkommenssteuer ist keine "Wir nehmen dir dein Geld einfach weg"-Steuer. Es ist ein allgemeiner Beitrag zur Finanzierung unserer Gemeinschaft insgesamt. Viele sehen "den Staat" als irgendetwas Abgehobenes, das getrennt von uns als Gruppe von Leuten, die in einem Gebiet namens Deutschland leben, existiert. Der Staat ist grundsätzlich erstmal nichts anderes als die Verwaltung unseres Gemeinwesens. Ja, das fühlt sich häufig nicht so an, so abgehoben wie manche Politiker sind, aber das ist der Grundgedanke. Die Einkommenssteuer ist ein allgemeiner Beitrag dazu, dass wir so etwas wie öffentliche Güter haben. Zusammen mit der Vermögenssteuer ist die Einkommenssteuer aus meiner Sicht daher einer der Grundpfeiler für einen (gerechten) Staat. Über die Höhe dieses Beitrags kann sich natürlich gestritten werden, aber an und für sich ist er aus meiner Sicht unabdingbar für unser Verständnis als Gemeinschaft.